Magengeschwür
bei einem Traber-Wallach

Vorbericht

Seit ca. 3 Tagen zeigt ein 11-jähriger Traber Wallach eine reduzierte Futter- und Wasseraufnahme. Diese geht bei diesem Pferd mit einer milden Koliksymptomatik einher.

Klinische Untersuchung

Bei der Erstuntersuchung zeigte das Pferd ein ungestörtes Allgemeinbefinden. Die Schleimhäute stellten sich blaßrosa mit einer kapillären Füllungszeit (KFZ) von 2 Sekunden dar. [Dieser Wert gibt Auskunft über ein intaktes Kreislaufsystem, welches bei einer akuten Kolik gestört wäre. Eine KFZ unter 2 Sekunden ist als normal zu beurteilen.] Die Herzfrequenz betrug 36 Schläge pro Minute und die Atemfrequenz 12 Atemzüge pro Minute. [Die normale Herzfrequenz beim Pferd beträgt 30-40 Schläge/Minute und eine gesunde Atemfrequenz liegt bei 8-16 Zügen/Minute.] Der Wallach hatte zu diesem Zeitpunkt auf allen vier Quadranten eine gute Darmperistaltik (Darmbewegung), die Bauchdeckenspannung war geringgradig erhöht. [Das kommt vor, wenn das Pferd unter Bauchschmerzen leidet.] Der Befund der rektalen Untersuchung war unauffällig.

Labordiagnostische Untersuchung

Das kleine Blutbild zeigte keine Referenzwertabweichungen

Analyt Messwert Einheit Referenzwert
Leukozyten 7,41 G/l 5-10
Hämatokrit 40 % 33-37%
Gesamteiweiß 6,4 g/dl 5,5-7,5

Im Differentialblutbild und in der Serumprotein-Elektophorese lagen alle Werte im Referenzbereich.

 

Bildgebende Untersuchung

Ultraschall

In der Ultraschall-Untersuchung des Bauchraumes konnten keine krankhaften Befunde dargestellt werden.

Gastroskopie (Endoskopie des Magens)

In der Gastroskopie konnten mehrere Magengeschwüre (Magenulzera) dargestellt werden. Dies entspricht einem Equinen Gastric Ulcer Syndrome Grad III-IV in einer Bewertungsskala von 1-5 (Severity Score nach MacAllister).

Der Magenausgang und der Anfangsteil des Dünndarms waren unauffällig.

Abb. 1: mehrere „zusammen fließende“ Ulzera (Geschwüre) im Magen-Abschnitt ohne Drüsen (Der Magen des Pferdes besteht aus einem Teil mit Drüsen, die Magensäure produzieren und einem Teil ohne Drüsen.)

Abb. 2: mehrere „zusammen fließende“ Ulzera (Geschwüre) im Bereich des Margo plicatus (Der Margo plicatus stellt genau die Grenze zwischen dem drüsenreichen und dem drüsenfreien Magenabschnitt dar.)

Diagnose

Equinen Gastric Ulcer Syndrome Grad III-IV (Severity Score nach MacAllister) [Magengeschwür]

Therapie

Die Magenulzera des vorgestellten Pferdes sind als mittelgradig einzustufen. Die Therapie besteht in der Anhebung des pH-Wertes im Magen und der Reduzierung der Magensäure-Konzentration. Als effektive Therapie wird zu diesem Zweck der beim Pferd zugelassene Protonenpumpenblocker Omeprazol über 4-6 Wochen eingesetzt. Dadurch wird weniger Magensäure gebildet und die Bauchschmerzen klingen ab, während das Geschwür abheilen kann.

In jedem Fall empfehlen wir zu der medikamentösen Therapie eine Überprüfung und eventuelle Korrektur des Fütterungsmanagements. Ein hoher Anteil an Heu in der Ration, wenig Kraftfutter und mehrmalige Fütterung in kleinen Portionen fördern die Anhebung des pH-Wertes und wirken Schleimhautschädigungen entgegen.

Weitere Hinweise für Haltung und Fütterung bei Magengeschwüren

Hinweis: Diese Berichte sind nur zur Information gedacht.
Sollte Ihr Pferd die genannten Symptome aufweisen, konsultieren Sie mich bitte!
Jedes Pferd ist anders.
Unter Umständen können ähnliche Symptome somit auf völlig unterschiedliche Krankheitsbilder hindeuten.

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Haltung/Bewegung/Reiten

Das Pferd darf täglich leicht bewegt werden. Sowohl in der Haltung, als auch in der Arbeit mit dem Pferd ist Stress soweit möglich zu vermeiden.

Fütterung

Es ist wichtig, die Fütterung des an einem Magengeschwür erkrankten Pferdes in den Therapieplan mit einzubeziehen. Zur Optimierung der Speichelproduktion sollte der Wallach 1-1,5 kg/100 kg Körpergewicht/Tag Raufutter (Heu guter Qualität) bekommen. Kraftfuttergaben sowie lange Nüchternzeiten sind zu vermeiden. Insgesamt sollte die Gesamtration des Futters auf mehrere kleine Portionen täglich verteilt werden.

Der energetische Gehalt des Futters kann mit der Gabe von Pflanzenöl erhöht werden (max. 250 ml tgl.).

Medikamente

Das Pferd erhält die mit dem Tierarzt besprochene Dosierung von Omeprazol. Dies vermindert die Säureproduktion im Magen. Danach erhält er ein schleimhautschützendes Mittel.

Weitere Anweisungen

Das Pferd sollte dauerhaft sorgfältig auf Koliksymptome beobachtet werden.

Magengeschwür beim Pferd

Magenulzera sind aufgrund ihres hohen Vorkommens, der teilweise unklaren klinischen Symptome und der mit ihnen einhergehenden Leistungsinsuffizienz ein signifikantes und ökonomisch relevantes Problem in der Pferdehaltung. In der Literatur wird ein Vorkommen von bis zu 76% angegeben.

Ursächlich ist ein erhöhter Salzsäuregehalt des Magens und damit einhergehend ein pH-Wert des Magens von <4 als „Hauptmotor“ der Schleimhautschädigung anzusehen. Die Salzsäure verursacht zunächst eine Schädigung der Zellbarriere (welche die Magenschleimhaut vor der Säure schützen soll), bewegt sich dann in tiefere Zellschichten der Magenwand und verursacht den Tod der Zellen, so dass es zur Ulzera-Bildung kommt.

Der Anstieg des Salzsäuregehaltes im Magen kann eine Folge einer unzureichenden Rauhfutteraufnahme (Heu) sein, da die notwendige Einspeichelung der Nahrung reduziert wird. Der Speichel besitzt eine puffernde (abfedernde) Wirkung aufgrund seines Bikarbonatgehaltes (basisch), der die Salzsäure neutralisiert.

Auch die lang andauernde Verabreichung von nichtsteroidalen Antiphlogistika (Schmerzmittel) ist einer der bekannten auslösenden Faktoren für Magengeschwüre. Als weitere Gründe werden trainingsbedingter Stress, zu große Abstände zwischen Fütterungen und andere Grundkrankheiten angeführt. In dem obenbeschriebenen Fall ist sicherlich der Stress, die Nahrungskarenz (längere Zeit ohne Futteraufnahme) und die Gabe von nichtsteroidalen Antiphlogistika (Schmerzmittel) als Ursache anzusehen.

Literatur
Andrews FM, Bernard WV et al. (1999) Recommendations for the diagnosis and treatment of equine gastric ulcer syndrome. Equine Vet Edu 1, 122-134.

Picavet M-Th (2002). Equine gastric ulcer syndrome. Proceedings of the First European Equine Nutrition & Health Congress. Antwerp Zoo. AAEP Abstract.